chōra

Images by Fotostudio West

2020. Brautspitze, Pastell auf Schleier. je 140 × 140 cm
2020. bride lace, pastel on veil. 140 × 140 cm each


[D] Wenn die Worte nur umgekehrt – von einer anderen Seite aus – lesbar sind, müssen wir Lesenden uns bewegen und im Sehen, Lesen, Betrachten keiner statischen Kontemplation, sondern bereits einer bewegt-bewegenden Choreografie nachkommen, die der Raum des Kunstwerks bereits einschreibt in unsere Körper. Judith Klemenc zeigt und versteckt zugleich Gedichte auf der Rückwand einer schleierhaften Leinwand und erzeugt somit bei den Betrachter*innen den Wunsch nach Bewegung im Raum. Vielleicht erzeugt die Kunst immer diesen Raum, der nach Bewegung ruft und damit zur Choreo-Grafie wird. Der französische Philosoph Jacques Derrida greift auf Platons chora-Konzeption zurück. Chora sei, so Derrida, „weder ‚sinnlich‘ noch ‚intelligibel‘“, sie gehöre einer „‘dritten Gattung‘, einem ‚dritten Geschlecht‘, an“. Sie versetze das Denken in Unruhe. So versetzt die Arbeit von Judith Klemenc die Körper der Betrachter*innen in Unruhe und Bewegung im Raum.

[EN] If the words can only be read the other way round – from a different side –, then we, the readers, must move and, in seeing, reading, contemplating, not indulge in static contemplation but follow a moved-moving choreography that the space of the artwork already inscribes in our bodies. Judith Klemenc simultaneously shows and hides poems on the back of a veil-like canvas and, thus, creates a desire for movement in space in the viewer. Perhaps art always creates this space which calls for movement and, thus, becomes choreography. The French philosopher Jacques Derrida refers back to Plato’s chora conception. According to Derrida, chōra is “neither ‘sensual’ nor ‘intelligible’”, it belongs to a “‘third Genus’, a ‘third gender’”. It puts thinking into turmoil. Thus, the work of Judith Klemenc sets the bodies of the viewers in restlessness and movement in space.

Elisabeth Schäfer