* miss

 

The work was reported by Moser-Holding-AG in 2004 for child pornography. The lawsuit against the fourth largest media company in Austria for defamation lasted until 2008.


Ein kleines Mädchen spielt mit Frauenschuhen. Mit bloßen Füßen probiert sie diese ungeschickt an, versucht damit zu gehen. Auch ein Paar rote sind dabei. Das Kind ist bis auf wenige Augenblicke, in denen sie den Kontakt mit der Kamera aufnimmt, völlig in seiner Welt – ins Spiel eingetaucht. Soweit die Bildebene.
Parallel dazu läuft im Video „miss“ von Judith Moser eine Audio-Spur. Eine Frau spricht einen Text, der zwischen Be- und Entschuldigung oszilliert und von den Rezipienten als Monolog einer Mutter an die Tochter interpretiert werden kann. Der Text ist hart und zeigt auf wie schmal der Grat zwischen Täter- und Mittäterschaft ist. Tatenlos zusehen, die Augen und Ohren verschließen, nicht wahrhaben wollen sind ohnmächtige Reaktionen – dem Opfer Schuld zuzuweisen die Flucht nach vorn.
Das künstlerische Mittel einer Verknüpfung von Bild- und Textebene löst beim Betrachter/Zuhörer starke Betroffenheit aus. Alltägliches Kinderspiel in Zeitlupe kombiniert mit einem prekären Text formen sich zu einer Aussage, die das Bild allein nicht trifft.
Kunst greift gesellschaftspolitische Themen auf, übt Kritik, zeigt auf. Judith Moser hat mit „miss“ eine Videoarbeit vorgelegt, die aufrüttelt – ein künstlerisches Werk, das sich gegen den Missbrauch von Kindern richtet.
Der in „Die Neue – Zeitung für Tirol“ (Moser-Holding-AG) erhobene Vorwurf der Kinderpornografie ist eindeutig unwahr. Das Gegenteil ist der Fall.
Wahrscheinlich spricht es für die Qualität der Arbeit, dass als Zeugen genannte Personen die Vagina des Kindes oder ein erigiertes Glied gesehen haben wollen. Diese Vorstellung entspringt der Fantasie dieser Personen und akustisch wahrgenommenes wurde offensichtlich in deren Köpfen visualisiert. Das Mädchen ist nie unbekleidet und zu keiner Zeit ist ein Penis zu sehen. Die Menschen aufzurütteln ist Judith Moser gelungen – es ist zu hoffen, dass die Diskussion darüber und über ihr künstlerisches Werk so schnell als möglich auf der Ebene geführt wird, die ihr gebührt – nämlich einer inhaltlichen.

Mag. phil. Ingeborg Erhart
Geschäftsleiterin und Kuratorin der Tiroler Künstlerschaft