dunkler ton
Musikpavillon. Hofgarten Innsbruck. 19. 5. 2018
Foto: Monika K. Zanolin, Kamera: Janick Entrement, Schnitt: Judith Klemenc
In einem innovativen künstlerischen Experiment vereinen sich in der Performance „أكثر قتامة. Dunkler Ton“ unterschiedliche Perspektiven zu einem dialogischen Raum, in dem das Unsagbare hörbar wird.
„أكثر قتامة. Dunkler Ton“ ist eine Performance, die mit den Grenzen von Sprache und Bedeutung spielt, indem sie drei Stimmen – eine intellektuelle, eine spiegelnde und eine betroffene – zusammenführt, die von einem „dunklen Ton“ begleitet werden. Diese Stimmen tanzen, spielen und verschmelzen miteinander, entbunden von festen Definitionen und tradierten Narrativen. Sie gehen über das übliche Sprechen über Geschlecht, Sexualität, Herkunft und Zugehörigkeit hinaus und schaffen einen Raum für das, was jenseits der Worte existiert.
Die Performance ist eine Auseinandersetzung mit der Erfahrung des „Fehlens“ – insbesondere dem Fehlen des symbolischen „Herrensignifikanten“. In einem Moment, als der männliche Sprecher, ursprünglich vorgesehen, kurzfristig absagt, bleibt sein Fehlen nicht nur unbenannt, sondern eröffnet vielmehr eine neue Dimension. Die Abwesenheit der symbolischen Figur, die normalerweise das Sprechen lenkt, schafft einen Raum für andere Stimmen und Perspektiven, die in ihrer Vielfalt und Unterschiedlichkeit zum Ausdruck kommen.
Das Stück verwebt die Perspektiven von einer feministischen, intellektuellen Stimme, die ihre Erfahrungen reflektiert, einer spiegelnden Stimme, die die kollektive Dimension erfahrbar macht, und einer betroffenen Stimme, die in einer persönlichen, emotionalen Weise von schmerzhaften Erinnerungen spricht. Diese Stimmen finden ihren Widerhall in einem anschließenden Gespräch, in dem eine akademische, eine politische und eine psychotherapeutische Stimme – von prominente Persönlichkeiten wie Paul Mecheril, Christine Baur und Eva-Maria Kremsner – die Performance weiter beleuchten und vertiefen.
Ein zentraler Moment der Performance ist das Schweigen: das Schweigen der Betroffenen und derer, die mit dem Dunklen und dem Unsagbaren arbeiten. In einem philosophischen Dialog wird das Schweigen als ebenso mächtig wie das gesprochene Wort anerkannt. „Es gibt Momente, in denen das Schweigen selbst spricht“, erklärt Eva-Maria Kremsner, eine der Gesprächspartnerinnen, und hebt hervor, dass manchmal das Schweigen mehr aussagt als Worte.
Der Raum, in dem diese Performance und das anschließende Gespräch stattfinden, wird zu einem „heterotropischen“ Raum, der – inspiriert von Michel Foucault – die Möglichkeit eröffnet, sich selbst zu entwerfen, ohne den Zwängen einer vordefinierten symbolischen Ordnung zu unterliegen. In dieser Erfahrung von Dunkelheit und Licht, von Präsenz und Abwesenheit, entsteht ein Raum, der nicht nur für das gesprochen Wort offen ist, sondern vielmehr das Unsagbare zum Klingen bringt.
„أكثر قتامة. Dunkler Ton“ ist eine Einladung, sich mit dem Unsagbaren auseinanderzusetzen und gleichzeitig die Leerstelle zu würdigen, die das Fehlen eines „großen Anderen“ hinterlässt. Dieser leere Raum, ermöglicht es, das Dunkle als eine Quelle von Wissen und Transformation zu betrachten.
„أكثر قتامة. Dunkler Ton“ ist eine Performance, die nicht nur die Grenzen des gesprochenen Wortes herausfordert, sondern auch die Art und Weise, wie wir miteinander sprechen und zuhören. Sie fordert dazu auf, das Unsagbare und das Unausgesprochene zuzulassen und einen Raum für neue Formen der Begegnung und des Verstehens zu schaffen.
Credits:
Konzept, Choreographie, Dramaturgie, Performance: Judith Klemenc
Performance: Gabi Plattner, Asiya Fidan Yeter
Sound: Tanja Pidot